Irland – der ultimative After-Corona-Roadtrip mit ungewöhnlichem Mitbringsel

von Katharina Hageloch

Nach zwei langen Jahren der Isolation und des nicht reisen dürfens ist es endlich an der Zeit wieder loszuziehen und vorallem auch die neuen Partner, welche wir noch nicht besucht hatten, einmal persönlich kennenzulernen.

Geplant hatte ich einen 12-tägigen Roadtrip durch Irland mit dem Besuch von vier neuen und alten Partnern und dazwischen wollte ich natürlich auch noch ein bisschen was von der grünen Insel sehen. Ein sportliches Unterfangen, aber als ausgehungerte Globetrotterin erschien mir das mehr als machbar und ich konnte es kaum erwarten endlich einmal Irland kennenzulernen. Selbstverständlich, wie konnte es auch anders sein, versucht als aller- erstes einmal die Bahn mich auszubremsen und ich schaffe es gerade noch rechtzeitig zu meinem Flieger. Als dann noch die Mechaniker mit Klebeband und WD-40 am Flugzeug rumhantieren, stelle ich kurz alles in Frage, beschließe dann aber, dass ich immer zu spät bin und immer komische Dinge passieren und das einfach so sein muss, wenn ich reise.

In Dublin gelandet – Klebeband und WD-40 haben offensichtlich ihren Dienst getan – hole ich mir meinen gebuchten Mietwagen ab und mache mich auf den Weg zu meiner ersten Destination in den Nordwesten von Irland (nicht nach Nordirland) zu unserem neuen Partner oberhalb von Sligo.
Meine Fahrt dauert etwa drei Stunden und schon hier wird mir klar, was mich wohl die nächsten 12 Tage erwarten wird – Sonne, Regen, Sonne, Regen. Und das wie auf Knopfdruck. Kein Wunder ist diese Insel so unverschämt grün und die Wiesen so saftig, dass man sich kaum satt sehen kann.

Auf dem Hof angekommen, erklärt mir Uschi kurz den Weg zum Hotel und wir besprechen uns für den nächsten Tag.

Das Hotel ist in Mullaghmore, einem idyllischen kleinen Örtchen direkt am Meer, so dass ich den Rest des Abends damit verbringe die Gegend zu erkunden, am Strand lang zu laufen, ein Schloss zu bestaunen und mir den irischen Wind um die Nase blasen zu lassen. Das Schloss gehörte mal Lord Mountbatten, der wurde leider beim Angeln von der IRA mit seinem Boot in die Luft gesprengt.

Am nächsten Morgen geht es das erste Mal auf die Pferde. Der Hof liegt direkt am Meer und von hier aus finden täglich die Sternritte in die zauberhafte Umgebung statt. Heute reiten wir auf eine vorgelagerte Insel, O ́Connors Island. Die Insel ist in Familienbesitz und war bis vor etwa 40 Jahren der Wohnsitz der Familie. Inzwischen sind die Häuser verfallen und man kann sich nur schwer vorstellen wie einfach und rustikal das Leben hier gewesen sein muss. Weil es hier Ebbe und Flut gibt, können wir „rüber“ reiten. Auf dem Weg dorthin treffen wir ein paar Robben und auf der Insel leben Kühe, Schafe und die Jungpferde von Uschis Familie. Wir erkunden die Insel, die sehr hügelig ist, weil der Wind den Sand zu Hügeln aufträgt und das Meer nimmt sich seinen Teil wieder auf der anderen Seite und spült die Insel Stück für Stück ins Wasser. Dort gibt es auch einen gefühlt endlosen Strand an dem wir das machen, wo- von vermutlich jeder Reiter träumt – wir galoppieren! Erst in gemäßigtem Tempo und dann auch schneller. Aber ich habe zu keiner Sekunde das Gefühl, dass mir meine Bettsy durchgeht oder ich nicht langsamer galoppieren könnte, wenn ich wollte. Die Pferde sind wirklich sehr gut ausgebildet und super rittig.

Zum Mittagessen machen wir Rast an einem Café, wo wir die Pferde in bester Westernmanier (Spaß, wir haben Halfter und Stricke dabei) im Garten anbinden können. Nach einem tollen Ritt kommen wir am Nachmittag wieder am Hof an, versorgen unsere Pferde und Uschi zeigt mir noch ihre Fohlen und Jungpferde. Die Familie züchtet zum einen Welsh Cob Ponies, die im Übrigen die lustigsten Schnauzbärte haben, wie man es sich kaum vorstellen kann, und zum anderen Springpferde. Fast alle der selbstgezogenen Pferde gehen im hohen Sport und sind nicht nur in Europa, sondern auch in den USA hoch erfolgreich.

Ich darf auch am nächsten Tag nochmal an einem Tagesritt teilnehmen – dieses Mal geht es, nach einem Abstecher am Meer, ins Landesinnere zum sogenannten Horseshoe. Die Landschaft ist beeindruckend und wir kommen an der höchstgelegenen Höhle Irlands vorbei. Mit Picknick in den Taschen erleben wir herrliche Natur und haben einen tollen Tag auf dem Pferd. Da ich nicht soviel Zeit habe um die ganze Woche zu bleiben, zieht es mich am nächsten Tag schon wieder weiter. Normalerweise erlebt man hier täglich Ritte in der wirklich wunderschönen Natur, die Pferde sind super lieb und machen sehr viel Spaß zu reiten. Es empfiehlt sich aber einen Mietwagen zu haben, dann kann man den Rest des Tages noch ein bisschen was erleben. Sligo ist nicht weit und auch Donagal liegt in der näheren Umgebung, so dass man sich auch bei schlechterem Wetter noch ein paar Highlights rauspicken kann, wenn man nicht in der Natur sein möchte.

Mein nächster pferdiger Stopp ist Flower Hill bei Oliver. Hier werde ich nur für einen Ritt sein, da es zeitlich nicht anders gepasst hat. Das ist aber auch nicht schlimm (oder für mich als passionierte Vielseitigkeitsreiterin eigentlich schon), weil Oliver mit seinem Hof eine totale Nische bedient, die so vermutlich sogar einzigartig ist. Er bietet einzig und allein Geländetraining an. Keine Ausritte, keine Dressurstunden, nur Geländesprünge. Auf seinem riesigen Gelände steht für jedes Level eine nicht zählbare Menge an festen Hindernissen – Baumstämme, Gräben, Tiefsprünge, schmale Sprünge, bergauf, bergab, Wasserkomplexe mit diversen Ein- und Durchritten, schon beim auf den Hof fahren kann ich kaum glauben, was ich da sehe. Ich reite Natalie, eine etwas „schwerere“ Stute, die mich in absoluter Selbstverständlichkeit über alle Sprünge trägt die unsere Trainerin uns vorgibt. Mit mir in der Gruppe ist eine bunte Mischung aus all möglichen Nationalitäten unterschiedlichster Reitniveaus. Alle können reiten, aber sind teilweise fortgeschrittene Anfänger was das Springen angeht. Das macht aber überhaupt nichts, weil wir einfach unterschiedliche Sprünge reiten und aufgrund der unfassbar gut ausgebildeten Lehrpferde kommt es auch nicht zu zeitraubenden Verweigerungen oder ähnlichen Zwischenfällen. Die Pferde tragen uns ausnahmslos alle über die Sprünge und lassen jeden von uns glänzen. Ich habe keine Ahnung, wie Oliver es schafft seine Pferde derart gut auszubilden, aber ich bin wirklich fasziniert davon. Man kann sich einfach „nur“ aufs reiten und den Sprung und sich selbst konzentrieren, weil die Pferde sich um den Rest kümmern. Ihr könnt euch vorstellen mit was für einem emotionalen High wir alle zurück auf den Hof kommen! Da wird wild durcheinander geplappert und jede fühlt sich einfach nur toll und voll mit Adrenalin. Fasziniert vom eigenen Mut und dankbar den tollen Pferden gegenüber, die uns allen so ein geniales Erlebnis ermöglicht haben.

Wer sich also mal intensivst mit der Geländereiterei auseinander setzen möchte, dem empfehle ich ein Wochenende in Flowerhill. Die Stallungen sind etwas älter und auf mehrere Gebäude verteilt, aber die Pferde, die Boxen und das Sattelzeug ist alles sauber und tiptop in Ordnung und gepflegt. Man reitet 2x am Tag für zwei Stunden Geländesprünge und Oliver hat mit seinen ca. 60 Pferden auch für jedes Können das passende Pferd.

Und weil hier ein Highlight das nächste jagt, sind wir jetzt auch schon bei Nicola und Bertie, unseren langjährigen Irlandpartnern, angekommen. Der Hof ist so schnuckelig und zauberhaft, dass ich mir vorkomme wie in einer anderen Welt. Überall wurde noch ein bisschen angebaut und dadurch ist ein total verwinkeltes Gebäude entstanden, das liebevoll und mit viel Geschmack dekoriert ist. Die Zimmer sind urgemütlich, wie wenn man bei Freunden im Gästezimmer übernachtet. Und auch der ganze Hof und der Garten sind, wie man so schön sagt, mit der Zeit gewachsen. Hier ein alter Topf der eingepflanzt wurde, da eine Ranke die die Fassade wie ein Märchenschloss aussehen lässt, selbst die Katze und der Hund liegen dekorativ in der Gegend rum. Und überall hat es Tiere – Esel, Schafe, Gänse und natürlich Pferde!

Gekocht wird typisch irisch und selbstverständlich alles Homemade. Aber auch für Vegetarier und Veganer ist es kein Problem hier Urlaub zu machen und der Speiseplan wird entsprechend angepasst. Man merkt, dass absolute Profis am Werk sind – Nicola hat lange Zeit für ein großes Unternehmen den Tourismuszweig betreut, spricht daher einige Sprachen und weiß einfach wie gute Dienstleistung auszusehen hat. Dies in Kombination mit ihrer Passion und der Liebe zu Irland und den Pferden, lässt ein perfektes Produkt entstehen, bei dem man sich zuhause und gut aufgehoben fühlt.

Ich werde für ein paar Tage am Clare Burren Trail mitreiten. Der Ritt ist eine Hybrid aus Stern- und Wanderritt. Einen Teil der Nächte verbringen wir auf dem Hof und die anderen Nächte in der Burrenregion. Die Pferde bleiben immer an der Strecke und übernachten dort auf Koppeln befreundeter Farmer.

Hier ist alles bis ins kleinste Detail durchdacht. Zum Beispiel wird mit Kunsstoffsätteln geritten, weil die bei dem vielen Regen in Irland besser zu pflegen sind und zum Mittagessen treffen wir immer auf ein Teammitglied mit Auto und Pferdehänger, so dass wir, sollte es mal regnen (was es im Übrigen jeden Tag tut, aber mit der entsprechenden Kleidung ist es erstaunlicherweise überhaupt nicht schlimm, weil es immer nur kurze Schauer sind) sogar im Trockenen essen können.

Die Gegend ist ebenfalls wunderschön – grüne Hügel, Wälder, Felsen – von allem etwas. Was mich allerdings am meisten fasziniert hat, war ein Gebiet welches wir durchritten haben. Die Fläche ist zig Quadratkilometer groß und die Bewohner des Dorfes, in dem Nicola und Bertie wohnen, dürfen hier ihre Tiere frei laufen lassen. Unter dem Gras ist Torf und der ist als Brennmaterial extrem wertvoll, nicht aber das Gras, welches oben drauf wächst. Und so tummeln sich hier Schafe, Esel, Pferde, Schweine und Rinder in unglaublicher Anzahl. Die Bauern füttern die Tiere an einer bestimmten Stelle an, so dass sie dort auch immer wieder hin zurückkehren und sie somit auch wieder eingefangen werden können. Das ist wirklich ein abgefahrenes System, was ich bisher noch nirgendwo gesehen habe. Die Gegend hat auch keinen Zaun, die Tiere könnten also theoretisch bis nach Dublin laufen.

Es wird, wie der Name des Rittes auch schon sagt, außerdem durch die Burrenregion geritten, das ist mit die berühmteste Gegend in Irland. Der Burren ist eine riesige Felsplatte mit Gesteinsformationen, Höhlen und Fossilien sowie einer unglaublichen Vielfalt an Blumen, von einheimischen Arten bis hin zu arktischen, alpinen und mediterranen Pflanzen. An Tag 6 sind wir so nah an der Küste, dass die Möglichkeit besteht sich mit dem Taxi zu den Cliffs of Moher bringen zu lassen. Und das solltet ihr unbedingt auch machen – zu den Klippen und auch zum Burren gibt es noch mehr Infos in Teil 2 meines Roadtrips durch Irland.

Da ich nicht den ganzen Ritt dabei sein kann, versuche ich soviel wie möglich mit Nicola zu besprechen und mir auch über ihre anderen Ritte Infos und Insidertipps – auch für Irland an sich – einzuholen. Auch wenn wir schon so lange mit ihr zusammenarbeiten, so ist der persönliche Austausch einfach durch nichts zu ersetzen. Ihr könnt neben dem Burren Ritt auch noch einen Residental Ride buchen, da wird entweder Vormittags geritten und Nachmittags ist frei oder es wird ein Tagesritt gemacht und dann ist ein ganzer Tag frei. Das hat den Vorteil, dass ihr noch mega gut die Gegend erkunden könnt.

Beim Castle Ride tobt Nicola sich so richtig mit ihrer Liebe zu Schlössern und Ruinen aus. Meist wird am Vormittag geritten und am Nachmittag gehts zu den Sehenswürdigkeiten in der Gegend mit dem ein oder anderen Insiderwissen oder einem Schlüssel im Gepäck, der Türen öffnet, die eigentlich für die Öffentlichkeit verschlossen bleiben.

Ihr seht also, es ist für jeden Geschmack etwas dabei und ihr kommt voll und ganz auf eure Kosten. Die Pferde sind super geschult, alles ist professionell organisiert und man fühlt sich hier wie zuhause bei Freunden.

Zu Beginn habe ich ja von vier Besuchen gesprochen. Ich habe auch vier Ställe besucht, jedoch hat der letzte Stall nicht unserer Philosophie und unserem Anspruch entsprochen. Die Pferde sahen ok aus und die Menschen waren nett, jedoch durfte hier jeder reiten, egal welches Können er oder sie hatte, und das Hauptgeschäft bestand aus Stundenritten in die umliegende Gegend. Der an- gebotene Wanderritt wurde vor ein paar Wochen eingestellt und der Hof konzentriert sich nun ausschließlich auf Laufkundschaft die gerne kürzere Ritte unternehmen möchte. Und genau deshalb machen wir diese Besuche, damit wir uns mit eigenen Augen von dem angebotenen Ritt und den Gegebenheiten vor Ort überzeugen können, um dann zu entscheiden, ob er zu uns passt oder nicht.

Und während ich bei diesem letzten Hof angekommen bin, bekomme ich einen Anruf aus Deutschland von meinem Tierarzt mit der Freigabe einiger Röntgenbilder. Damit ist klar, dass ich zwar alleine nachhause fliegen werde, aber sehr bald in bester irischer Gesellschaft sein werde. Nicht wirklich auf Pferdesuche, aber ein bisschen auf „wenn mir was über den Weg läuft, dann wäre ein Nachwuchspferd ganz cool“, habe ich Uschi bei meinem Besuch gefragt, ob sie nicht zufällig noch ein junges Vielseitigkeitspferd zum Verkauf hat. Und tja, was soll ich sagen, ich hab mir dann wohl ein sehr ungewöhnliches Urlaubsmitbringsel ausgesucht. Selbstverständlich trotzdem wohl durchdacht und natürlich Probe geritten. So wird nun also zukünftig eine kleine, freche, irische Vollblutstute mein Leben bereichern. Ich freue mich wirklich riesig auf sie und Uschi und ihre Familie sind ebenfalls sehr happy, dass sie zu mir kommt.

Kleine Ergänzung aus 2025:
Matilda, so ihr Stallname, ist immernoch bei mir und auch wenn ich schon den ein oder anderen ungewollten Abflug gemacht habe, ist sie ein wirklich zauberhaftes Goldstück und nicht mehr wegzudenken aus meinem Pferdeleben.

An Sibin

Katharina Hageloch
Katharina Hageloch
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